Lebensperspektiven in der Krise – Umgang mit Suizidprävention & assistiertem Suizid

Politischer Fachtag mit und für Expert:innen und Verantwortungsträger:innen

Politischer Fachtag am 10. Juni 2024 in Berlin

Pres­se­infor­ma­tion zum Fachtag

Montag, 10. Juni 2024

Fach­leute aus Praxis und Wis­sen­schaft for­dern die Bun­des­re­gie­rung auf, deut­lich mehr Tempo beim Kampf gegen die hohe Zahl der Sui­zide und Sui­zid­ver­suche an den Tag zu legen. Außerdem müsse der assis­tierte Suizid gesetz­lich gere­gelt werden.

Berlin/Köln. Auf einer von den Mal­te­sern und dem Zen­tral­ko­mitee der deut­schen Katho­liken (ZdK) orga­ni­sierten Tagung in Berlin, die zusammen mit der VRK-Aka­demie durch­ge­führt wird, dis­ku­tieren Exper­tinnen und Experten heute mit Bun­des­tags­ab­ge­ord­neten ver­schie­dener Par­teien über die Frage, welche Maß­nahmen zur Sui­zid­prä­ven­tion Erfolg ver­spre­chen. „Dass wir eine mit Profis besetzte zen­trale Infor­ma­tions- und Koor­di­nie­rungs­stelle mit einer ein­heit­li­chen Ruf­nummer für ganz Deutsch­land benö­tigen, an die sich Men­schen mit Sui­zid­ge­danken sowie deren Ange­hö­rige oder auch Pfle­gende wenden können, ist Kon­sens. Warum der Bun­des­ge­sund­heits­mi­nister so lange braucht, einen Geset­zes­vor­schlag zu machen, der unter anderem diese Maß­nahme fest­schreibt, ist uner­klär­lich. Der Bun­destag hat im ver­gan­genen Jahr eine Geset­zes­in­itia­tive zur Sui­zid­prä­ven­tion bis Ende Juni 2024 ver­langt, aber einen Ent­wurf gibt es bis drei Wochen vor Ablauf der Frist nicht“, kri­ti­siert Georg Khe­ven­hüller, Prä­si­dent des Mal­teser Hilfsdienstes.

Fach­per­sonen aus Medizin, Seel­sorge, Hos­piz­ar­beit und Ethik weisen auch auf die unklare Rechts­lage beim assis­tierten Suizid hin. Die Prä­si­dentin des ZdK, Dr. Irme Stetter-Karp, sagt: „Die jet­zige Rechts­lage sorgt dafür, dass ethi­sche Grenzen über­schritten werden. Mit Prä­ze­denz­fällen wird ver­sucht, Recht zu schaffen. Der Bun­destag ist aber gefor­dert, ein Gesetz zu ver­ab­schieden. Dieser Ver­ant­wor­tung dürfen sich die Abge­ord­nete nicht ent­ziehen.“ Kon­kret for­dern die katho­li­schen Laien, dass es etwa kirch­li­chen Senioren- und Pfle­ge­ein­rich­tungen erlaubt sein müsse, kein Angebot für assis­tierten Suizid zu machen. Stetter-Karp: „Es muss auch Orte und Räume geben, wo Sie geschützt werden vor einem mög­li­cher­weise emp­fun­denen Druck, der Gesell­schaft nicht mehr zur Last zu fallen.“

Auch die Bedeu­tung von Gate­kee­pern für Men­schen in lebens­be­droh­li­chen Krisen beleuchtet die Tagung. Pfle­ge­kräfte, aber auch Leh­re­rinnen und Lehrer, die viel in Kon­takt mit jungen Men­schen sind, sollten sen­si­bi­li­siert werden, sui­zi­dale Absichten zu erkennen und mit ihnen umzu­gehen. Der Geschäfts­führer der Aka­demie des Ver­si­che­rers im Raum der Kir­chen (VRK), Dr. Georg Hof­meister, hebt die Bedeu­tung sol­cher Per­sonen für die Sui­zid­prä­ven­tion hervor: „Men­schen, die in schweren Lebens­krisen sui­zi­dale Gedanken ent­wi­ckeln, brau­chen Per­sonen, die hin­schauen, zuhören und wei­ter­füh­rende Hilfe anbieten. Wenn wir gezielt Men­schen in Schlüs­sel­po­si­tionen befä­higen, im all­täg­li­chen Umgang mit betrof­fenen Men­schen aktiv Unter­stüt­zung zu orga­ni­sieren, können wir die Zahl der Sui­zide redu­zieren. Oft sind Sui­zid­wün­sche ein Schrei nach Hilfe in gefühlter Ausweglosigkeit.“

Pro­fes­sorin Ute Lewitzka, Vor­sit­zende der Deut­schen Gesell­schaft für Sui­zid­prä­ven­tion, betont, „dass die Sui­zid­prä­ven­tion eine gesamt­ge­sell­schaft­liche Auf­gabe dar­stellt, deren För­de­rung auch als demo­kra­tie­stär­kend anzu­sehen ist und damit beson­ders in den aktu­ellen Zeiten einer sich immer mehr ent­so­li­da­ri­sie­renden Gesell­schaft enorme Rele­vanz hat“.

Am Abend wird in einer öffent­li­chen Podi­ums­dis­kus­sion die poli­ti­sche Ent­wick­lung von Sui­zid­prä­ven­tion und Sui­zid­as­sis­tenz erör­tert. Caritas-Prä­si­dentin Eva-Maria Wel­skop-Deffaa, Kirsten Kap­pert-Gon­ther, Grünen-Bun­des­tags­ab­ge­ord­nete und Mit­glied des inter­frak­tio­nellen Arbeits­kreises Sui­zid­prä­ven­tion, die Vor­sit­zende der Deut­schen Gesell­schaft für Sui­zid­prä­ven­tion, Ute Lewitzka, das ZdK-Mit­glied und Mit­glied des Deut­schen Ethik­rates, Pro­fessor Andreas Lob-Hüde­pohl, sowie die Lei­terin des Mal­teser Hos­piz­dienstes in Berlin, Kerstin Kurzke, benennen Chancen und Risiken im anste­henden Gesetzesprozess.

Fotos zum Down­load finden Sie hier: https://malteser.eyebase.com/view/pinkoLAz2GB

Das voll­stän­dige Pro­gramm finden Sie hier.

Wei­tere Infor­ma­tionen zu dieser Fach­ta­gung finden Sie in unserem Ver­an­stal­tungs­ar­chiv

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